Eurythmie

1 .-4. Klasse (Unterstufe)

Die Kinder bewegen einfache geometrische Formen im Einklang mit musikalischen Motiven sowie rhythmisch gesprochene kleine Reime, Gedichte und Geschichten. Das Kind soll in der ersten Klasse den Unterschied zwischen Geradem und Gebogenem gefühlsmäßig und mit seinem ganzen Körper elementar kennen lernen. Die Bewegungen für Vokale und Konsonanten werden im Wesentlichen aus der Nachahmung heraus ausgeführt. Die Inhalte der Texte stammen vor allem aus der Märchen- und Fabelwelt, bzw. sind an die Jahreszeiten und -feste angelehnt. Musikalische Elemente im Unterricht sind einfache Lieder in der Quintstimmung. In der ersten Klasse werden die Bewegungsaufgaben von allen Kindern gemeinsam mit dem Lehrer ausgeführt. Aufmerksamkeit, Geschicklichkeit, Koordination, Orientierung im Raum und ein ,,gesundes” Gemeinschaftsgefühl werden geschult.

In der zweiten Klasse können die den Vokalen und Konsonanten entsprechenden Armbewegungen  ,,genauer” ausgebildet werden. Bewegungsübungen werden nun auch von kleinen Gruppen gestaltet, unterschiedliche Rollen von einzelnen Kindern übernommen. Es geht darum, innerhalb einer Gruppenform den ,,eigenen” Weg zu kennen. Beim Üben gewinnt die Wechselbeziehung ,,Ich und Du” ein größeres Gewicht. Die Inhalte der im Unterricht verwendeten Texte stammen häufig aus der Tier- und Fabelwelt. Wesentliche Elemente sind weiterhin rhythmische Sprache und lebensvolle Bilder, welche Phantasie und Gefühl der Kinder anregen.

In der dritten Klasse kennen die Kinder die meisten Lautgebärden. Worte und Sätze werden so geformt, dass dabei stark an das bildliche Erleben angeknüpft wird. In der Toneurythmie wird die C-Dur Tonleiter eingeführt, und die Kinder lernen die unterschiedlichen Stimmungen der Dur- und Moll-Terz erfassen. Die Begriffe kommen jedoch erst später hinzu. Auf vielfältige Weise werden Raumformen geübt, in denen sich die „Wege“ kreuzen. Waches Bewusstsein und Begegnungsfähigkeit werden hierbei besonders geschult. Die Nachahmungskräfte haben inzwischen stark abgenommen. Das Kind lebt noch in einer gewissen Verträumtheit, wird nun aber immer mehr in die Realität geführt und in seiner Selbständigkeit gefordert.

Nach dem 9. Lebensjahr erlebt das Kind deutlich die Trennung zwischen sich und der Welt. Entsprechend wird ab dem 4. Schuljahr auch „frontal“ geübt. In der Lauteurythmie werden die ,,Apollinischen Formen”, die den Wortarten und Strukturen in der Sprache entsprechen, eingeführt. Dem stärkeren Erleben des eigenen Willens entspricht das Üben des Stabreims. Die Alliteration wird mit festen Schritten und klaren, kräftigen Gebärden ausgeführt. Wichtige Übungsfelder im  Unterricht sind: Lenken des eigenen Willens in zielvoll geführte Bewegung und Aufmerksamkeit entwickeln für die Strukturen der Sprache. Rhythmen können von den Schülern genau erfasst und z. B. durch Klatschen oder Laufen von kurzen und langen Schritten wiedergegeben werden.

5. – 8. Klasse (Mittelstufe)

Das Augenmerk im Unterricht in der fünften Klasse liegt auf der harmonischen Ausbildung des ganzen Körpers. Die Schüler haben ein Bestreben danach, die Dinge SCHÖN auszuführen und haben einen neu aufkeimenden Anspruch an ihr eigenes Üben und Tun. Die ,,alten  Griechen”, die Harmonie und Schönheit ihrer Epoche, spiegeln sich in den Schülern wider. Die Fähigkeit, einen Rhythmus zu ergreifen, ihn fein auszuführen und zu durchdringen gelingt oft vorbildlich. In Anlehnung an den Deutschunterricht werden die grammatikalischen Formen für Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft eingeführt.                                                                                         
In der sechsten und siebten Klasse wird durch unterschiedlichste Übungen der einsetzenden (Knochen)Schwere entgegengewirkt und auf eine aufrechte Haltung sowie Geschmeidigkeit geachtet. In der Toneurythmie werden alle Intervallgebärden angewendet. Passend zur  Geometrieepoche werden Formverschiebungen erarbeitet. Beim Üben mit dem Kupferstab sind Exaktheit, Zielstrebigkeit, Vorsicht und Geschicklichkeit gefordert. In der Lauteurythmie werden die „Seelengebärden“ angelegt, durch welche Gefühle wie Liebe, Ernst, Hoffnung, Trauer u. s. w. dargestellt werden können. 

Die bisher erarbeiteten Bewegungen und Raumformen werden in der achten Klasse weitergeführt und stetig verfeinert. Dem Alter entsprechend ist ein Wechsel von Heiterkeit und Ernst bei der Stückauswahl, aber auch beim Üben in allen Stunden einzubeziehen. Zu langes Verharren an einer Arbeit lähmt und zieht die Schüler noch stärker in die Schwere, mit der sie sich in diesem Alter besonders auseinandersetzen müssen. Es ist sinnvoll in diesem Alter abwechselnd einen Teil der Gruppe bewusst zuschauen und ,,Anteil nehmen” zu lassen. 

9.-12.Klasse (Oberstufe) 

Die erworbenen eurythmischen Fähigkeiten sollten nun an das frei werdende Empfindungsleben der Schüler anknüpfen. Es geht darum, einen ,,Innenansatz” für die Bewegungen zu finden. Sprachliche und musikalische Werke werden über einen längeren Zeitraum bis zu einer gewissen Vollendung ausgearbeitet. Die Schüler sind aufgefordert die Gesetzmäßigkeiten der eurythmischen Formen und  Bewegungen nach und nach gedanklich zu durchdringen. Ein „stimmiger” Bewegungsausdruck wird miteinander gesucht. Die eigenständige Beteiligung beim Entwickeln der Raumformen und  das Unterrichtsgespräch spielen eine immer stärkere Rolle. Es eignen sich Texte mit dramatischen Inhalten und Musikstücke, die durch kräftige Akkorde geprägt sind. Auch die Mehrstimmigkeit ist ein  passendes Übungsfeld in dieser Altersstufe. Grundlagen der Harmonielehre werden mit in den Unterricht einbezogen. Texte werden sowohl von ihrem sprachlichen Aufbau, als auch von ihrem ,,seelischen Inhalt” her behandelt. Gedankliches, Gefühlsmäßiges und Willensimpulse werden durch die Bewegungen sichtbar gemacht. Es werden Ensemble- Formen einstudiert. Die Schüler übernehmen in einem kompletten Werk einzeln oder gruppenweise Aufgaben, die sich sinnvoll ergänzen und ein stimmiges Ganzes entstehen lassen. Neben dem pädagogischen und hygienischen Element der Eurythmie gewinnt das künstlerische Arbeiten immer stärker an Bedeutung. Für den Abschluss in der zwölften Klasse ist die Anwendung des Gelernten in einem gehaltvollen, umfassenden musikalischen bzw. sprachlichen Werk vorgesehen. Wesentlich ist hierbei das Herausarbeiten des passenden Bewegungsstils, durch den Idee und Charakter des Werkes zum Ausdruck kommen. 

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